Dienstag, 6. Mai 2014

Gemüse im Schatten anbauen - geht das?

Hast du schon einmal versucht, Gemüse im Schatten anzubauen? Naja, so richtig funktioniert es nicht, oder? Manche Tomate bleibt klein, einige Gemüse bilden gar keine Früchte aus oder sie fallen Schimmel oder Pilzen zum Opfer. Viele Gemüse- und Obstsorten sowie Kräuter lieben die Sonne oder den Halbschatten. Im Schatten werden sie zu Vampiren, leblos eben...
Trotzdem! Es muss doch Gemüsesorten geben, die es auch mit dem Schatten aufnehmen, oder?

Schatten ist nicht gleich Schatten. Es gibt den Schatten unter Bäumen, der je nach Blätterdach des Baumes halbschattig bis komplett schattig ist. Ganz ohne Licht kommt keine Pflanze aus - das ist klar.

Schatten - bis ca. 3 Stunden Sonne am Tag
Halbschatten - ca. 3-6 Stunden Sonne
Sonniger Standort - ab ca. 6 Stunden Sonne am Tag

Dem Schlagschatten, z.B. von Häusern, sind wir besonders auf den Balkonen in den Städten ausgesetzt. Trotzdem gibt es einige Arten, die auch hier gedeihen - ja wirklich!




Eine Bauernfaustregel, die ich sehr logisch finde und mir bisher immer geholfen hat, besagt, dass man Pflanzen auch im angrenzenden Helligkeitsbereich pflanzen kann, z.B. wächst eine Sonnenpflanze auch im Halbschatten ganz passabel und eine Pflanze für den Halbschatten gedeiht auch im Schatten usw.
Pflanzen sind anpassungsfähig, d.h. sie lieben bestimmte Umweltfaktoren, die wir ihnen idealerweise geben (Nährstoffdichte und Art der Erde, Helligkeit, Wasserbedarf usw.). Trotzdem besitzen viele Pflanzen eine Toleranzbreite. Ideal ist halt Vieles nicht, aber man kann sich damit arrangieren - Anpassung ist angesagt!


von links nach rechts: Radieschensaat, Spinat, krause Petersilie (diese mickert im Gegensatz zu den anderen beiden) - schon drei Mal beerntet.






Natürlich existieren auch unter den Pflanzen die ganz Anspruchsvollen, die Diven, wie z.B. Gurken oder Orchideen. Diese leben nicht gerne unter anderen Bedingungen. Ein kleines, allzu kaltes Lüftchen und die Gurke lässt theatralisch ihre aparten Blätterchen hängen. Wenn sie könnte, würde sie noch eine zarte Arie des Sterbens singen! Diese Pflanzendiven sind eine Herausforderung für den fortgeschrittenen Gärtner. Im Gegensatz zu ihnen gibt es auch supertolerante, kernige Überlebenskünstler-Guerilla-Pflanzen, die sich wunderbar an alle möglichen Umweltbedingungen anpassen. Der Löwenzahn oder die Birken sind solche supertoleranten Pflanzen- wir erinnern uns an den Vorspann der Kindersendung "Löwenzahn" oder an Birken, die einfach in jeder Fugen- und Gebäuderitze wachsen.

Pflanzen, die zu wenig Licht bekommen, vergeilen, d.h. sie werden lang und dünn und schießen meist ins Kraut - das ist doch perfekt für Kräuter und Salat, oder nicht?

Dieses Jahr habe ich einige Salat- und Kräutersorten auf der Nordseite gezogen und es gibt tatsächlich welche, die sich dort wohlfühlen und ganz gut wachsen. Die Kästen bekommen ca. 2 Stunden Sonne am Tag und sind Wind und Wetter stark ausgesetzt, d.h. sie sind im Frühjahr besonders feucht und besonders windanfällig.

links Spinat "Lazio" , rechts Pflücksalat "Green Rapids", hinten rechts kleine Erbsenkeime

 

 Hier meine persönlichen Top Five der Nutzpflanzen im Schatten auf der Nordseite: 

  1. Spinat - Auf den Saatpackungen steht häufig, dass er die volle Sonne benötigt. Er fühlt sich aber auch im Schatten wohl. Ich nutze ihn als Babyleafsalat und säe die Sorte "Lazio", die eine Resistenz gegen den falschen Mehltau besitzt (der tritt besonders auf, wenn es feucht ist). Geerntet werden kann jede Woche, er hat ca. 6 Wochen gebraucht, um nun so groß zu sein, wie auf dem Foto.
  2. Kresse - wächst immer! Ich kenne wenige Pflanzen, die frisch so gut zu Kräuterquark und Salat schmecken und doch so flexibel sind. Sie wächst auch auf Watte - was soll man dazu noch sagen? Wählerisch ist wirklich etwas Anderes!
  3. Radieschensaat - Die Blätter von Radieschen schmecken scharf und knackig. Man sät sie eng beieinander und erntet die jungen, kleinen Blätter. Die großen sind zu hart und schmecken eher bitter.
  4. Schnittlauch - Auch dieser gehört zu den Kräutern, denen Schatten nicht viel ausmacht. Aber - am besten ist es wirklich ihn selber zu säen. Die Pflanzen werden dann robuster und widerstandsfähiger als die licht- und wärmeverwöhnten Gewächshausanzuchten.
  5. Erbsensaat - Auch Erbsen sind für den Schatten ausgelegt. Zwar erntet man im Schatten nicht viele Hülsen, kann aber die Blätter als Salatzugabe nutzen. 

Was gar nicht funktioniert und wovon man die Finger lassen sollte:
  • Sämtliche, sonnenliebende Kräuter (z.B. Basilikum, Thymian, Rosmarin), obwohl es schon auf einen Test ankommen würde, ob z.B. Oregano oder Zitronenmelisse nicht auch im Schatten gedeihen. Beide sind sehr wüchsig und Oregano ist häufig sehr widerstandsfähig.
  • Paprika, Tomaten, Zucchini, Gurken, Radieschen und sonstiges Gemüse, das sehr viel Sonne braucht.
links mein absoluter Schattenfavorit Spinat und rechts der fast blühende Schnittlauch

Am Ende dieses Artikels möchte ich Euch zwei Blogs empfehlen, die sich v.a. mit dem Schattengärtnern befassen und die mir schon das ein oder andere Mal weitergeholfen und mich inspiriert haben:

Nordwestbalkon

Hinterhofgarten

Gibt es noch Nutzpflanzen, mit denen ihr gute Erfahrungen im Schatten gemacht habt? Ich würde mich sehr über weitere Tipps freuen.

www.widekind-illustrations.com

3 Kommentare:

  1. Liebe Annette,
    vielen Dank für deinen informativen Beitrag. Ich habe ja einen Ostbalkon und musste schon des öfteren feststellen, dass manchen Pflanzen 3-4h Sonne am Tag einfach zu wenig sind ;-)
    Allerdings habe ich - neben den von dir genannten Schattenpflanzen - auch mit Tomaten und Paprika in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Gerade die Tomaten waren riesig und die Ernte gewaltig. Der Paprika brauchte sehr lange, um zu reifen, aber es hat schlussendlich doch geklappt. Auch Basilikum und Rosmarin haben keine Probleme gemacht.
    Aber natürlich: als Schattengärtner/in muss man sich bewusst machen, dass die Pflanzen oft kleiner bleiben und auf jeden Fall anfälliger sein können. Gerade der Mehltau macht mir jedes Jahr auf Salbei, Melisse etc. große Probleme.
    Eine Herausforderung ist es allemal, aber nach dem Prinzipt "trial and error" teste ich weiter, was noch so im (Halb)Schatten gedeiht! ;-)
    Liebe Grüße - deine Beiträge sind immer ein Lesegenuss!
    Daniela

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  2. Ach und folgende Schatten-Kandidaten habe ich noch vergessen: Mangold und Knoblauch gedeihen einwandfrei und auch mein Thymian hat nichts gegen ein wenig Schatten!

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  3. Danke für diesen super Artikel! Ich könnte mir vorstellen, dass auch Kartoffel ganz gut im (Halb-)Schatten gedeihen (ohne es bisher ausprobiert zu haben).

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